Jürgen Boldt sieht sich als neuer Vorsitzender des Gießener SV vielen Anliegen aus den Abteilungen gegenüber Jürgen Boldt, der neue Vorsitzende des Gießener Schwimmvereins (GSV), hat keine leichte Aufgabe übernommen. Er muss beweisen, dass die strukturellen Probleme, die vor vier Jahren dazu führten, dass der damalige Vorstand die Einsetzung eines amtlich bestellten Notvorstands beantragte, überwunden und nicht nur übertüncht sind. Im Gespräch mit dieser Zeitung äußerte er sich zu seinen Plänen. Zunächst betont Boldt, dass er sich nicht um den Job geschlagen habe. Aber da sich niemand sonst fand, habe er sich als Ur-GSVler - der 50-Jährige ist seit 40 Jahren Vereinsmitglied - in der Pflicht gefühlt. Schließlich sei die Wahl eines neuen Vorsitzenden die Voraussetzung dafür gewesen, dass Notvorstand Turgay Schmidt seine Arbeit für beendet erklären konnte. Boldt wurde in der Mitgliederversammlung vor zwei Wochen zwar nicht einstimmig gewählt, aber einen Gegenkandidaten gab es nicht. Ein Schriftführer wird noch gesucht.
Im Gegensatz zum Vorstand vor vier Jahren, der ausschließlich aus Volleyballern bestand, sind in dem nun gewählten Gremium alle drei Vereinsabteilungen vertreten: Vize Rainer Klos und Kassenwart Ulrich Ringleb für Schwimmen, Beisitzer Jörg Heilmann für Volleyball und Jürgen Boldt für Tischtennis. Der neue Vorsitzende ist »guter Dinge« dass der GSV künftig als Gesamtverein funktioniert. Eine neue Gesprächskultur habe Einzug gehalten. Finanziell sei alles im Lot. Ganz wichtig zudem: Anders als vor vier Jahren, als jede der drei Abteilungen wie ein eigener Verein mit einer eigenen Kasse geführt wurde, existiert mittlerweile eine zentrale Kasse. Die Abteilungen bekommen Budgets zugeteilt, mit denen sie wirtschaften. Für diese neue Struktur muss die Vereinssatzung noch überarbeitet und von der Mitgliederversammlung abgesegnet werden. Samt den dafür nötigen behördlichen Vorgängen wird das wohl mindestens ein halbes Jahr dauern. Boldt, der von seinem bisherigen Amt als Abteilungsleiter Tischtennis mit der Wahl zum Vorsitzenden des Gesamtvereins zurückgetreten ist, legt Wert auf die Feststellung, dass er für alle GSVler da sein will. Jede der drei Abteilungen habe seine ganz eigenen Probleme, um die er sich kümmern will. Die Schwimmer beklagen, dass sie für jedes Training im Westbad Eintritt zahlen müssen und zu wenig Wasserzeiten zur Verfügung haben. Kinder, die schwimmen lernen wollen, müssen abgewiesen werden, weil die Kapazitäten fehlen. Außerdem sorge das veraltete Kassensystem dafür, dass sich lange Schlangen am Eingang bilden. Hier sieht Boldt die Stadt gefordert. Die Volleyballer erhalten fast täglich Anfragen von jungen Leuten, die sich für die Sportart interessieren. Ausgelöst wurde der Run offensichtlich durch eine Netflix-Serie. Die Sportler könnten laut Boldt »locker doppelt so viele Hallenzeiten belegen wie sie in der Herder- und Liebigschule erhalten«. Beim Tischtennis ist die Jugendarbeit während der Corona-Zeit »praktisch zusammengebrochen«. In Kombination mit dem Umbau der Sporthalle der Grundschule West, der Heimat der Tischtennisspieler des GSV, konnte nur rudimentär und verteilt auf mehrere Hallen in der Stadt trainiert werden, erläutert Boldt. Der Wiederaufbau der Jugendarbeit ist für ihn »vordringlich«.
Bericht von Wolfgang Oelrich / Gießener Anzeiger